Those About to Die (Peacock)

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Those About to Die (Peacock)

Post by Nahaufnahme »

Als Fallon Carrington-Colby 1987 im Fernsehen von einem Ufo abgeholt wurde, da hat STAR WARS-Trickveteran John Dykstra alles gegeben, um das optisch nicht so lächerlich aussehen zu lassen wie die Handlung in der Soap selbst, die Kosten dafür sind nie bekannt geworden, aber bis heute macht man sich nur über den plot lustig, nicht über die Umsetzung. Diese gnädige Rezeption wird Roland Emmerichs Blut- und Spieleserie THOSE ABOUT TO DIE nie erfahren, dafür kennen die Zuschauer bereits die Kosten für die zehnteilige Produktion: 140 Millionen US-Dollar. Aber wohin ist das Geld wirklich geflossen?

Das sind zwei offizielle Szenenfotos von NBC/Peacock zur Blut- und Spieleserie THOSE ABOUT DIE, die gleich zwei Schwachstellen offenbaren, Set und Beleuchtung - als ob sich da jemand nur zwei Minuten mit Photoshoplayern und einfacheren Filtern beschäftigt hätte:
those-about-to-die-101-cala.jpg
those-about-to-die-101-fonsoa-andria.jpg

Es kommt noch wesentlich schlimmer, wenn in der Arena Riesenalligatoren und ein weißer Riesenlöwe Angst und Schrecken verbreiten sollen, man aber aus dem Lachen nicht mehr heraus kommt, weil Schauspieler offensichtlich gegen ein LCD-Display anspielen und die Pixelauflösung ungleichmäßig ist, es stimmen weder die Dimensionen/ Proportionen von Mensch / Kulisse und Digi-Tiermonstern, noch die Beleuchtung darauf oder der Mix mit mieser über zwanzig Jahre alter Gameoptik oder zusammengeklonte Zuschauerränge in der Arena, wo bei näherer Betrachtung immer die gleichen zehn Zuschauer sitzen zu scheinen.

Anthony Hopkins spielt als römischer Kaiser Vespasian zum Teil mit, für WESTWORLD erhielt er 300.000 Dollar pro Folge, deutlich weniger als die BIG-BANG-Bratzen, er wird die Kosten für THOSE ABOUT TO DIE also so wenig in die Höhe getrieben haben wie die Crew für die Effekte, die man offenbar von einer Schul-AG anheuterte. Hopkins ist der einzige Star und neben ihm zählen nur Iwan Rheon (GOT) und Sara Martins (DEATH IN PARADISE) - die drei immerhin bemüht - zu den bekannteren Gesichtern (für TV-Zuschauer) im cast, der Rest besteht aus ein paar wenigen guten Nebendarstellern (darunter Moe Hashim, ein ehemaliger Fußballer, der in TED LASSO schon einen eben solchen spielte) und eindeutig zu vielen ehemaligen italienischen Männermodels, hier nur die mit den schönsten Augenbrauen:
Eyebrow.jpg
v.l.n.r.: Pepe Barroso, Alessandro Bedetti und Stefano Salo

Außerdem ist Martyn Ford dabei, ist er mit 203 cm der größte Bodybuilder? Die einzige Frage, die mich am Ende von THOSE ABOUT TO DIE wirklich bewegt hat.

Wie kann man so viele Jahre nach ROME (HBO) oder SPARTACUS (Starz) so dermaßen viel falsch machen, wo man auf dem Papier, bei einem einigermaßen stimmigen Konzept und historischem Hintergrund das Potenzial wenigstens für ein guilty pleasure in den Händen hatte? Dazu zwei schwule Regisseure, Roland Emmerich und Marco Kreuzpainter, die jeweils fünf Folgen drehten, da muss doch wenigstens im Bereich ass & cock was dabei sein, aber nein, lasst Euch nicht von Peacock täuschen, das kommt ebenfalls nicht annähernd an die lustvollen Orgien in SPARTACUS heran, in THOSE ABOUT TO DIE werden zwar dauernd Kopulierende von irgendwelchen Besuchern unterbrochen (in einer Zeit ohne Klingeln und Gegensprechanlagen offenbar Alltag), aber es hat etwas seltsam verklemmtes.

Die Serie hat immerhin einen richtig fiesen Bösewicht, den jüngeren der zwei Söhne von Hopkins Kaiser, Jojo Macari als Domitian, der ist - Ihr merkt, ich habe dieses Desaster nicht wegen der Gladiatorenkämpfe oder traurigen Sklavengeschichten angeschaut - schwul und sein Lover (gespielt von dem Paar Augenbrauen in der Mitte des Bilds oben) flüstert ihm anfangs noch intrigant Unterstützung ins Ohr, vielleicht hatte Emmerich eine Neuinterpretation der Karikaturen Mr. Wint und Mr. Kidd, dem Pärchen aus DIAMONDS ARE FOREVER im Sinn? Leider ebenfalls Fehlanzeige, mit Abstand die größte Enttäuschung für mich, da Macari/Domitian die Rampensau der Serie ist und sich durch jeder Szene wie Malcolm McDowells CALIGULA wuchtet, mit weit aufgerissenen Augen (im Zusammenspiel mit Hopkins kein Problem, der gleicht so was aus) - da dem hübschem Lover an seiner Seite vom Drehbuch Robert Rodats (SAVING PRIVATE RYAN) kein bisschen geholfen wird (auch Domitians älterer Bruder, Titus, gespielt von dem einschläfernd farblosem Tom Hughes, fällt neben Jojo Macari zu deutlich ab), holpert die Inszenierung, also hechelt sich THOSE ABOUT TO DIE von einem Kill zum nächsten, zu viel und zu schnell, um emotional mitzureißen, aber: wie häufig bei Emmerich, es hat mich überwiegend nicht gelangweilt. Doch am Ende bleiben zu wenig Personen übrig, für die man sich in einer zweiten Staffel interessieren könnte.
Munin
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Re: Those About to Die (Peacock)

Post by Munin »

SPARTACUS hatte diesen Look ja auch, hat aber trotzdem funktioniert. Aber das ist schon eher die Ausnahme. Klingt jedenfalls alles zu brav.
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Re: Those About to Die (Peacock)

Post by Nahaufnahme »

SPARTACUS (2010-13) hatte den Look, weil sie "nur" 2 Millionen Dollar pro Folge zur Verfügung hatten (am Ende 5 Mio.), trotzdem waren die Effekte visuell besser gemacht, auch durch den Schnitt, Zeitlupen- oder raffern (von Zak Snyders 300 inspiriert, der 2006 erschien). Die Backgrounds nutzten eher einen überhöhten künstlerischen Effekt, während THOSE ABOUT TO DIE am Pseudorealismus scheitert, also schöne CGI-Fahrten über Rom (allerdings immer eine Spur zu lange), ein paar ordentliche Kulissen, aber die Effekte u.a. in der Arena sind wirklich so außergewöhnlich schlecht, dass man die wenigen besseren CGI-Momente schnell vergisst. Bei SPARTACUS war man sich der Einschränkungen bewusst, das ist für mich neben der überzeugenderen Dramaturgie ein wesentlicher Unterschied, lilafarbene Sonnenuntergänge übersehe ich dann einfach. ;)

Die Besetzung von SPARTACUS hatte keine auffallend schwachen Darsteller. Ich weiß, SPARTACUS zählt nicht zu den Lieblingen der Peak-TV-Auflister, ist außerdem aus einem Genre, mit dem ich wg. Gewaltdarstellungen eigentlich hadere, aber die drei Staffeln durchzog ein Motiv, der Kampf der Underdogs gegen die fiese, reiche Elite, mich hat das gepackt. Bei den Schauspielern sah auch ich, dass die trainiert waren (nicht vom modeln) und kämpfen konnten. Bei THOSE ABOUT TO DIE spielt das nur eine Nebenrolle, obwohl alle Handlungsstränge zum Circus Maxismus führen.
Kain
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Re: Those About to Die (Peacock)

Post by Kain »

Serie ist natürlich spannend erzählt, gut, wenn auch nicht überragend besetzt, sieht attraktiv aus und missfällt nur der Filmkenner-Fraktion, die beim Stummfilm stehen geblieben ist. Mir wird sich nie erschließen, wie man sich derart an imperfekten Effekten und moderner Bildsprache hochziehen kann. Problem ist natürlich, dass die Serie aufgrund der Thematik eher die Opa-Fraktion anspricht, die dann halt zu meckern beginnt, weil früher alles besser war. Wer "Der Untergang des römischen Reiches" fürs Größte hält, wird hier vermutlich nicht glücklich und sollte lieber im Teutoburger Wald nach Cheruskerknochen buddeln. Wer gerne eine Mischung aus Rome und Spartacus mit besseren Schauwerten sehen möchte, kommt auf seine Kosten.
“Reality is that which, when you stop believing in it, doesn't go away.” Philip K. Dick
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Dejin
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Re: Those About to Die (Peacock)

Post by Dejin »

@nahaufnahme:
Interessantes Review - merci!
The awkward moment when you get in the van and the old man has no candy.
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