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Re: HK-Allerlei

Posted: Fri Nov 04, 2022 1:06 pm
by Munin
DRIFTING
(2021, Jun Li)
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Based on a true court case, Drifting chronicles the lives of homeless people in Sham Shui Po, the lowest-income district in Hong Kong.
Überhäuft mit zahllosen Preisen reiht sich DRIFTING in die immer länger werdende Liste der auf Prestige und Anerkennung schielenden Sozialdramen ein, die mal mehr, mal weniger offensichtlich politisch Anklage erheben. DRIFTING ist dabei - anders als das Marketing suggerieren mag - kein pathosgeladener Tearjerker; das gerichtliche Ringen um Schadensersatz für eine Räumungsaktion tritt als roter Faden schon bald in den Hintergrund, zu sehen gibt es hauptsächlich lose verknüpfte Vignetten, in denen sich Francis Ng und ein kunterbunter Haufen an Nebendarstellern (Will Or, Loletta Lee, Chu Pak-hong) durch den Obdachlosenalltag quälen und Weisheiten zur Ungerechtigkeit des Lebens austauschen.

Beachtlich an DRIFTING ist, dass er weitaus weniger Mitleid für diese Truppe übrig hat, als man es von einem solchen Film erwarten könnte. Die Bewohner der Sperrholzbudensiedlung animieren sich gegenseitig zum Drogenkonsum, begehen Diebstähle und streiten sich. Mit der Frage, ob und inwiefern hier jemand an seinem Schicksal schuld ist, beschäftigt sich Li eher nicht. Zwar kann er sich dem Mief des Elendspornos nicht vollständig entsagen - geht diesen Vorwurf in einer Szene sogar explizit an - aber insgesamt herrscht hier konsequent distanzierte Beobachtung statt Melodrama vor. Bei einem Herman Yau hätte das anders ausgesehen. Mit Cecilia Choi als Sozialarbeiterin gibt es immerhin einen halbgaren Versuch, doch noch eine Sympathie- und Bezugsfigur einzubringen, so richtig funktioniert die Rolle allerdings nicht.

Entsprechend dieser Herangehensweise bleibt der Film als herkömmliche Erzählung recht sperrig. Einzuordnen eher bei Werken wie MADE IN HONG KONG und THE WAY WE ARE, wenn auch visuell schicker. Da muss man schon Interesse für das Sujet mitbringen und ein wenig Geduld. Ich als emotionaler Gucker hätte mir hier tatsächlich ein Quentchen mehr Rührseligkeit gewünscht. Sehenswert ist DRIFTING aber auf jeden Fall, nicht zuletzt dank seiner denkwürdigen Schlussszene.

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THE FIRST TIME IS THE LAST TIME
(1989, Raymond Leung)
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A young woman who is jailed after avenging her boyfriend's death at the hands of some ruthless gangsters. Once in prison, she befriends another inmate who, secretly because of the underworld massacre, wants her dead.
Holprig strukturierte und eher schläfrige Mischung aus Frauengefängnisdrama nach New-Wave-Vorbild und Triadenschmu. Die tristen Knastszenen mit ordentlich Gezanke, Gehaue und Missbrauch seitens der fiesen Wärterinnen plätschern erst einmal eine gute Stunde vor sich her, während Ex-Prostituierte Carrie Ng sich mit Mauerblümchen Season Ma anfreundet und von ihrer Liebe zu Gangster Andy Lau erzählt, der eigentlich Undercover-Cop ist und eine Bande hochnehmen will. Dumm nur, dass die gute Season einen sie sporadisch besuchenden Triadenfreund hat, der genau in jene verstrickt ist und auf Rache sinnt. Eigentlich eine interessante Konstellation, aus der Raymond Leung aber leider nichts allzu Spannendes macht. Einzig Lowell Los völlig überzogener Saxofonkäse füllt die Laufzeit mit ein bisschen launiger Energie auf; vor dem Abspann wartet wie es sich gehört immerhin noch ein beknacktes Fuck-You aus dem Nichts.

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LOST IN TIME
(2003, Derek Yee)
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Sui Wai lost her fiance Ah Man in a car accident. With the obligations of life sitting heavy on her shoulders, she lives on only to find herself confiding in her beloved through a phone call. Dai Fai, a mini-bus driver who witnessed Ah Man's death, is always there offering her attentive encouragement and support, yet he himself also lives in the shadow of his last relationship.
Fand ich irgendwie nicht mehr so doll. Wirkt ein bisschen arg kalkuliert und löst den starken, weil realistischen Mittelteil am Ende zu simpel auf. Cecilia Cheung pendelt in ihrer hysterischen Überforderung zwischen mitleiderregend und nervtötend, Lau Ching-Wan gibt den pragmatischen Samariter hingegen mit derartiger Gelassenheit, dass die finale Wendung und Aussprache ihre Wirkung nicht voll entfaltet. Überhaupt hapert es hier im gesamten Liebesdreieck ein bisschen an der Chemie, und warum Pausenclown Louis Koo jetzt eigentlich so unvergesslich gewesen sein soll, dafür liefert Yee in den Flashbacks nicht sonderlich viele Gründe.

Handwerklich ist das aber natürlich top, und auch die Minibus-Thematik ist eine schöne Idee, die viel Lokalkolorit auf den Bildschirm zaubert. Insgesamt okay, wenn auch kein Klassiker.

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Re: HK-Allerlei

Posted: Fri Nov 04, 2022 1:06 pm
by Munin
Ab JETZT Neues.

Re: HK-Allerlei

Posted: Fri Nov 04, 2022 1:49 pm
by Hexer
Sauber! :thumbup:

Re: HK-Allerlei

Posted: Sun Nov 06, 2022 10:45 am
by Munin
(Nachfolgend Aufholung von Erst- und Zweitsichungen aus dem Sommer)

THE LEGEND OF WISELY
(1987, Teddy Robin)
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A writer gets involved by an adventurer friend in the search for a legendary object: a golden pearl left in a Buddhist monastery by a dragon.
THE LEGEND OF WISELY fehlt zwar der irrwitzige "Anything Goes"-Faktor der Nam Nai Choi-Filme und wird in Sachen überbordendes Spektakel von Tsui Siu Mings BURY ME HIGH noch übertroffen. Insgesamt aber ein grundsolider Abenteuerfilm, der dem Geist von INDIANA JONES von allen Wisely-Verfilmungen wohl am nächsten kommt, und das nicht nur aufgrund der Wüstenszenerie und einiger sehr direkt abgeguckter Szenen: Wie auch das Vorbild lässt der auf den ersten Blick kinderfreundliche Film seine Nebencharaktere (von den Mönchen bis zu Ti Lungs Handlangern) desöfteren mal mit einer fast schon haarsträubenden Gleichgültigkeit über die Klinge springen.

In der Hauptrolle macht sich Sam Hui wieder mal ziemlich steif, was von Oberkasper Teddy Robin aber ausgeglichen wird, der ein paar tatsächlich witzige Gags auf Lager hat (bei der Szene mit dem Pferd hab ich wirklich lachen müssen, was bei HK-Filmen nur selten vorkommt). Ein paar weiße Nasen machen die Bösewichte, darunter Bruce Baron (DANGEROUS ENCOUNTERS OF THE FIRST KIND). Abgerundet wird der Film durch eine ganz hübsche Effektsequenz, bei dem sich ein Alien-Schiff in einen Space-Drachen verwandelt.

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MY HEART IS THAT ETERNAL ROSE
(1989, Patrick Tam)
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Two lovers are willing to do anything to reunite after criminals separate them.
Kann sein Potenzial nicht voll realisieren, denn ein zu großer Teil des Films bleibt ein Wirrwarr aus halbgaren Bloodshed-Plotpoints, die Patrick Tam fast ellipsenartig abhakt - die Sequenz, in der Kenny Bee den Anschlag durchführt, ist so überhastet, dass sie fast schon wie eine Parodie wirkt. Die Botschaft ist eindeutig: Dieser ganze kommerzielle Gangster-Quatsch ist lediglich Vorwand, um mit Christopher Doyle und David Chung traurige schöne Menschen im Neonschein zu fotografieren.

Da hilft es nicht, dass Kenny Bee als Protagonist den ganzen Film über wie abwesend scheint, ein unnötig chargierender Gordon Liu mit Pornofrisur hingegen fast den wehmütigen Tonfall ruiniert. Gerettet wird das Werk durch Joey Wong und Tony Leung, die hier wirklich alles geben, um aus ETERNAL ROSE das zu machen, das er sein möchte und im Idealfall geworden wäre. Doch so betroffen der unausweichliche Showdown dann macht - die Emotionen wirken angesichts der Schwächen im Buch unverdient. Dem legendären Freeze-Frame-Augenblick mit dem verschmitzt lächelnden Leung, der sich mit seiner hundeäugigen Performance für eine lebenslange Zusammenarbeit mit Wong Kar-wai empfiehlt, hätte letztlich ein ausgereifterer Film vorausgehen müssen. Aber was für ein Augenblick das immer noch ist!

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Re: HK-Allerlei

Posted: Sun Nov 06, 2022 11:31 am
by Julio Sacchi
HAMMER THREAD

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 7:19 am
by Moldy
Keine Erwähnung von Michael Chan Wai-Man :(

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 7:26 am
by Sylvio Constabel
Der ist ja auch eher 'ne Randerscheinung des Hongkongkinos und wird ausschließlich von Dir so verehrt.

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 7:58 am
by Moldy
Ja, aber er spielt trotzdem in My Heart Is That Eternal Rose den Bösewicht :D

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 8:00 am
by Sylvio Constabel
Das weiß ich gar nicht mehr. Ich muß den noch mal schauen. Ich tauschte damals extra meine DVD gegen die BD.

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 8:07 am
by Moldy
Er will Joey Wong nicht ziehen lassen und sieht sie als sein Eigentum.

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 8:08 am
by Munin
Finde, A MOMENT OF ROMANCE erzählt diese Story besser. Ist aber trotzdem ein wichtiger Film.

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 8:13 am
by Moldy
Den sah ich dafür lange nicht ;)

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 9:05 am
by Munin
THE SEVENTH CHURSE
(1987, Nam Nai-Choi)
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A young cop tries to rescue a beautiful woman before she is sacrificed by a tribe.
Noch nicht ganz so zügellos wahnsinnig wie STORY OF RICKY und THE CAT, und Maggie Cheungs rasende Reporterin ist hart an der Grenze zur Nervensäge. Trotzdem ein schönes, buntes Abenteuer mit Effekten, bei denen man sich nicht sicher sein kann, ob sie megacool oder megabeschissen sind oder vielleicht beides.

Der neue FS-Scan leidet (wie wohl manch andere aktuelle) darunter, dass die üblicherweise im Filmentwicklungsprozess durch gezielte Belichtungstechniken verborgenen Drähte hier wieder sichtbar sind, und das dank der Schärfe des Transfers eben um so deutlicher. Offenbar sind diese Details bei den FS-Restaurationen ein reguläres Problem (siehe auch fehlende Farbfilter bei ON THE RUN).

Laune macht dafür die wiederhergestellte Rahmenerzählung mit dem sich selbst spielenden Ni Kuang.

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LAW WITH TWO PHASES
(1984, Danny Lee)
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Writer/director Danny Lee's police drama focuses on B, a cop who is partnered with a fellow rookie, while in search of a bank robber suspected of murder
Annehmbares frühes Cop-Drama, bei dem sich Danny Lee höchstpersönlich für Buch und Regie verantwortlich zeichnet, und entsprechend immer noch deutlich in der kahlen Ästhetik der New Wave verankert. Heutzutage ist der Plot um eine Gruppe an Kleingaunern und den nach Wiedergutmachung strebenden Cop eine alte Kamelle, aber 1984 sah das lokale Publikum das womöglich noch anders. Mit vielen authentischen Bildern direkt von der Straße und einem schmissigen Funk-Soundtrack taugt der Film in jedem Fall als Zeitdokument aus einer Ära, bevor die überstilisierten Exzesse der späten 80er das Genre unter Beschlag nehmen sollten.

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Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 10:02 am
by Sylvio Constabel
Sylvio Constabel wrote: Fri Mar 30, 2018 11:22 am Law With two Phases (Legendary-Collection-DVD)
Malen nach Zahlen. Danny Lee isn Cop. :D
Ein paar wilde Buben zweier rivalisierender Banden hauen sich immer gegenseitig auf die Nüschel und sein Buddy macht das Sergeants-Examen, nur um nach Bestehen umgeballert zu werden. Dazwischen gibt's viel Leerlauf aber eben auch geile Hongkong-Bilder dieser Zeit. Einfach mal genießen.
In der letzten halben Stunde wird dann die Geschichte noch mal angezogen, es kracht an allen Ecken und Enden und Lee ballert sogar ein kleines Kind um. HK-Kino eben. Damals. Dazwischen gilt es einen Tankstellenraub zu verhindern und wenn Lee einen Böswatz umnietet, der zuvor Benzin verkleckerte, gibt's geile Untertitel folgender Güte:
"What when you don't shoot?"
"I always aim, I'm good at shopping!"
:mrgreen:
Ich weiß übrigens auch nicht, welche zwei Phasen gemeint sind.

Re: HK-Allerlei

Posted: Mon Nov 07, 2022 10:51 am
by Moldy
Hoffe The Cat bekommt auch demnächst eine Blu-Ray spendiert :thumbup: