(2021, Jun Li)
Überhäuft mit zahllosen Preisen reiht sich DRIFTING in die immer länger werdende Liste der auf Prestige und Anerkennung schielenden Sozialdramen ein, die mal mehr, mal weniger offensichtlich politisch Anklage erheben. DRIFTING ist dabei - anders als das Marketing suggerieren mag - kein pathosgeladener Tearjerker; das gerichtliche Ringen um Schadensersatz für eine Räumungsaktion tritt als roter Faden schon bald in den Hintergrund, zu sehen gibt es hauptsächlich lose verknüpfte Vignetten, in denen sich Francis Ng und ein kunterbunter Haufen an Nebendarstellern (Will Or, Loletta Lee, Chu Pak-hong) durch den Obdachlosenalltag quälen und Weisheiten zur Ungerechtigkeit des Lebens austauschen.Based on a true court case, Drifting chronicles the lives of homeless people in Sham Shui Po, the lowest-income district in Hong Kong.
Beachtlich an DRIFTING ist, dass er weitaus weniger Mitleid für diese Truppe übrig hat, als man es von einem solchen Film erwarten könnte. Die Bewohner der Sperrholzbudensiedlung animieren sich gegenseitig zum Drogenkonsum, begehen Diebstähle und streiten sich. Mit der Frage, ob und inwiefern hier jemand an seinem Schicksal schuld ist, beschäftigt sich Li eher nicht. Zwar kann er sich dem Mief des Elendspornos nicht vollständig entsagen - geht diesen Vorwurf in einer Szene sogar explizit an - aber insgesamt herrscht hier konsequent distanzierte Beobachtung statt Melodrama vor. Bei einem Herman Yau hätte das anders ausgesehen. Mit Cecilia Choi als Sozialarbeiterin gibt es immerhin einen halbgaren Versuch, doch noch eine Sympathie- und Bezugsfigur einzubringen, so richtig funktioniert die Rolle allerdings nicht.
Entsprechend dieser Herangehensweise bleibt der Film als herkömmliche Erzählung recht sperrig. Einzuordnen eher bei Werken wie MADE IN HONG KONG und THE WAY WE ARE, wenn auch visuell schicker. Da muss man schon Interesse für das Sujet mitbringen und ein wenig Geduld. Ich als emotionaler Gucker hätte mir hier tatsächlich ein Quentchen mehr Rührseligkeit gewünscht. Sehenswert ist DRIFTING aber auf jeden Fall, nicht zuletzt dank seiner denkwürdigen Schlussszene.
THE FIRST TIME IS THE LAST TIME
(1989, Raymond Leung)
Holprig strukturierte und eher schläfrige Mischung aus Frauengefängnisdrama nach New-Wave-Vorbild und Triadenschmu. Die tristen Knastszenen mit ordentlich Gezanke, Gehaue und Missbrauch seitens der fiesen Wärterinnen plätschern erst einmal eine gute Stunde vor sich her, während Ex-Prostituierte Carrie Ng sich mit Mauerblümchen Season Ma anfreundet und von ihrer Liebe zu Gangster Andy Lau erzählt, der eigentlich Undercover-Cop ist und eine Bande hochnehmen will. Dumm nur, dass die gute Season einen sie sporadisch besuchenden Triadenfreund hat, der genau in jene verstrickt ist und auf Rache sinnt. Eigentlich eine interessante Konstellation, aus der Raymond Leung aber leider nichts allzu Spannendes macht. Einzig Lowell Los völlig überzogener Saxofonkäse füllt die Laufzeit mit ein bisschen launiger Energie auf; vor dem Abspann wartet wie es sich gehört immerhin noch ein beknacktes Fuck-You aus dem Nichts.A young woman who is jailed after avenging her boyfriend's death at the hands of some ruthless gangsters. Once in prison, she befriends another inmate who, secretly because of the underworld massacre, wants her dead.
LOST IN TIME
(2003, Derek Yee)
Fand ich irgendwie nicht mehr so doll. Wirkt ein bisschen arg kalkuliert und löst den starken, weil realistischen Mittelteil am Ende zu simpel auf. Cecilia Cheung pendelt in ihrer hysterischen Überforderung zwischen mitleiderregend und nervtötend, Lau Ching-Wan gibt den pragmatischen Samariter hingegen mit derartiger Gelassenheit, dass die finale Wendung und Aussprache ihre Wirkung nicht voll entfaltet. Überhaupt hapert es hier im gesamten Liebesdreieck ein bisschen an der Chemie, und warum Pausenclown Louis Koo jetzt eigentlich so unvergesslich gewesen sein soll, dafür liefert Yee in den Flashbacks nicht sonderlich viele Gründe.Sui Wai lost her fiance Ah Man in a car accident. With the obligations of life sitting heavy on her shoulders, she lives on only to find herself confiding in her beloved through a phone call. Dai Fai, a mini-bus driver who witnessed Ah Man's death, is always there offering her attentive encouragement and support, yet he himself also lives in the shadow of his last relationship.
Handwerklich ist das aber natürlich top, und auch die Minibus-Thematik ist eine schöne Idee, die viel Lokalkolorit auf den Bildschirm zaubert. Insgesamt okay, wenn auch kein Klassiker.