Zwiebel-Jack räumt auf (Julios Filmtagebuch)

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Julio Sacchi
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Re: Zwiebel-Jack räumt auf (Julios Filmtagebuch)

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DIE 39 STUFEN (1978)
Deutlich näher an der Romanvorlage als Hitchcocks Verfilmung, aber natürlich nicht so gut. Trotzdem ein zunächst erstaunlich vergnügliches Unterfangen mit viel Humor, der überwiegend ins Schwarze trifft. Robert Powell trägt das gut über die Runden. Leider geht dem Film im letzten Drittel komplett die Puste aus und der Tod einer der Nebenfiguren bleibt absurderweise unkommentiert. Am Ende wird man dann aber mit einem haarsträubenden Finale, in dem Powell wie einst Harold Lloyd am Zeiger einer Riesenuhr (Big Ben, no less!) hängt, mehr als entschädigt!
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Julio Sacchi
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Re: Zwiebel-Jack räumt auf (Julios Filmtagebuch)

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OPERATION GANYMED (1977)
Die überlebenden Astronauten einer als gescheitert erklärten Jupitermission kehren zur Erde zurück und müssen feststellen, dass niemand mehr auf sie wartet. Nach einer Notlandung in undefinierbarem Niemandsland reibt sich die desorientierte Mannschaft in der sengenden Hitze komplett auf.
Weniger ein Science-Fiction-Film als vielmehr ein unnachgiebiges Bild toxischer Gruppendynamik. Der fürs ZDF produzierte Film von Dystopie-Experte Rainer Erler hat natürlich mit ultrabilligen "Effekten" und einer zumindest in der ersten Hälfte unglaublich doofen Musik zu kämpfen, aber das kann die dichte Atmosphäre zu keiner Zeit abschwächen. Ein starker, harter, gegen Ende sogar recht brutaler Film mit einer beachtlichen Besetzung (Dieter Laser, Horst Frank, Jürgen Prochnow, Claus Theo "Matula" Gärtner).
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TRUCKER (1978)
Jerry Reed ist dieses Mal ohne Burt Reynolds unterwegs, fährt aber auch schwere Trucks mit Alkohol durch die Gegend. Die Gegend soll die USA darstellen, man sieht aber hin und wieder den CN Tower und Nummernschilder aus Ontario. Böse Männer spucken den ehrlich und hart arbeitenden Lastwagenfahrern ständig in die Suppe, zum Glück kommt Reeds Kumpel Peter Fonda vorbei und greift den dicken Truckern unter die Arme. Helen Shaver ist die einzige Lady im Truck Stop und wärmt direkt die Laken für Peter an. Alles eskaliert und am Ende rollen wie immer Dutzende von Lastwagen in Richtung Böswatz.
Peter Carter (HIGHPOINT, RITUALS) hat das Ganze im winterlichen Kanada ganz ordentlich inszeniert, aber es gibt nur eine nennenswerte Actionszene (da rumpeln aber immerhin brennende Autos vom Lastwagen) und die Gewaltspirale geht auch von Null auf 100 (die Bösen wollen Fonda und Shaver mit Maschinenpistolen zu Klump ballern). Reed singt auch wieder den Titelsong, aber ein "Eastbound and Down" ist das nicht geworden.
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DIE RACHE DES WOLFES :crazy: :crazy: :crazy: (1991)
Im Norden Kanadas zerstören Papierunternehmen die Waldgebiete und damit den Lebensraum der Ureinwohner. Stammesmitglied Arthur entführt den jungen Anwalt, der die Rechte des bedrohten Volkes vertritt, und den skrupellosen Unternehmer Rickets. Beide werden gleichermaßen Opfer von Arthurs eskalierender Gewalt, die Grenzen zwischen Gut und Böse existieren nicht.
Eisenharter Film mit spirituellem Überbau. Arthur, imposant von Graham Greene gespielt, wird andeutungsweise zum mythischen Geist überhöht. Alles andere ist allerdings sehr irdisch, insbesondere die selten, aber heftig explodierende Gewalt (irgendwann häutet Arthur das Bein des Unternehmers). CLEARCUT ist ein eindrucksvoll fotografierter Versuch, nostalgische Indianerklischees zu entkräften und den Überlebenskampf eines bedrohten Volks vor dem Hintergrund industrieller Waldabholzung zu thematisieren. Gleichzeitig wird das Konzept gewaltlosen Widerstands hinterfragt. Mir persönlich ist der Film dabei etwas zu grobschlächtig unterwegs.
In Deutschland wollte man sich mit dem bekloppten Titel natürlich an Costner hängen; Fans von Graham Greenes herzlicher Darstellung in DANCES WITH WOLVES werden hier aber dicke Backen machen.
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ASPHALTBLÜTEN (1973)
Zwei Drifters auf den gegenüberliegenden Seiten einer sonnigen Landstraße; der eine, grummelig und erfahren, will vom anderen, albern und aufgekratzt, zunächst nichts wissen. Aber ein Tag auf der Straße ist lang, wenn kein Auto kommt, und am Ende kommt es zur Annäherung und zum gemeinsamen Weg durch ein nur vermeintlich zielloses Leben. Warum hat er sich umentschieden, will der Jüngere schließlich wissen, und die Antwort ist "You made me laugh".
Hackman und Pacino sind hier auf der absoluten Höhe ihrer Kunst; ohne dass Jerry Schatzbergs Slice of Life es ausspricht, lassen sie uns spüren, wie diese zwei ungleichen Männer einander verändern. Hackman wird ruhiger, besonnener, offener; der fröhliche, quirlige Pacino hingegen verliert sich auf dem gemeinsamen Weg zusehends. Mit Richard Lynch als Knast-Mephisto und neuer bester Freund setzt der Junge auf die komplett falsche Karte, der erste Schritt Richtung Hoffnungslosigkeit.
Ein echtes Kleinod, bei beiden Hauptdarstellern Zeit ihres Lebens auf der persönlichen Favoritenliste; ein unsentimentales Portrait einer Freundschaft und ein zunächst unangestrengt-humorvolles, dann zunehmend bitteres Bild von Unausweichlichkeit und Katastrophe.
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SPIELER OHNE SKRUPEL (1974)
Die Charakterstudie eines Verlorenen, bei der es nicht darum geht, ob der Spieler am Ende gewinnt oder abstürzt. Mit teils hintergründigen, teils ausgesprochenen Bezügen zu Dostojewksi entwerfen Karel Reisz und Autor James Toback das Bild eines Mannes, dem in seiner Spielsucht Gewinn und Verlust viel weniger bedeuten als das Spiel selbst. James Caan ist auf der Höhe seines 70er-Swag und kommt als Literaturprofessor etwas zu animalisch rüber, erwischt aber in einer herausragenden Performance keinen einzigen falschen Ton - Spielerklischees wie zitternde Hände oder nervöses Blinzeln kommen in seiner Darstellung nicht vor. Sein Alex ist konzentriert, fokussiert, kontrolliert beim Spiel. Dafür hat er kein Gefühl mehr fürs Zwischenmenschliche; er erwägt ohne Mühen, seine Mutter, seinen Großvater oder seine Freundin ins Risiko zu ziehen. Und wenn am Ende eine Klinge sein Gesicht zerschneidet, ist das ein weiterer, kontrollierter Schritt ins Chaos: It's all in the game.
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