Ferris Bueller's Day Off / Ferris Macht Blau (1986)
Als Teenies im Kino abgefeiert, der Film traf damals den Nerv der Zeit, auch etwas später auf VHS. Nach Jahrzehnten nun nochmal geschaut und die narzistische, egomane Darstellung des Ferris wirkt doch eher befremdlich. Ein unsymphatischer, selbstverliebter Hallodri. Was damals als unbekümmert, widdewiddewit und wider der Angst von Ferris' bestem Freund Cameron verkauft wurde, erscheint heute eher wie der Blick zurück in die Reagan-Ära, als die USA begannen ihren Hochmut offen zur Schau und in die weite Welt hinaus zu tragen.
Vieles im Film erinnert an eine Theateraufführung, die Dialoge teils hanebüchen (zB. als Ferris' Freundin -in der deutschen Syncho- Cameron fragt, ob er am Pool erregt gewesen sei) oder latent rassistisch ("speak english?"). Auch wird Camerons Katharsis, sein Leid und Aufbegehren gegen die nie zu sehenden dominanten Eltern, gegen Ende nicht mehr thematisiert; hätte dies vielleicht für etwas mehr Glaubwürdigkeit an Ferris' Motiven seinem Freund ggü. gesorgt.
Auf der anderen Seite glänzt der Film mit einigen großen Momentan, zB. als der Ferrari zum Star Wars Theme über den Hügel geflogen kommt, oder Ferris' Lehrer durch die Hundeklappe den Rottweiler erblickt. Überhaupt, Jeffrey Jones ist die absolute Bombe und liefert eine Sellers-reife Show ab. Alleine wegen seiner Performance hab ich jetzt Bock nochmal Howard The Duck anzugucken (unabhängig davon, daß er privat wohl kein unbeschriebens Blatt ist).
John Hughes
John Hughes
"Krieg ist wie Kino. Vorne flimmerts, hinten sind die besten Plätze." - Arnim Dahl
- Sylvio Constabel
- Posts: 4862
- Joined: Thu Nov 03, 2022 5:42 am
Re: John Hughes
Ewiger Lieblingsfilm.
- Julio Sacchi
- Posts: 3097
- Joined: Thu Nov 03, 2022 8:37 am
Re: John Hughes
Das ist echt ein komplexer Fall. Die Regie hat was von europäischem Arthouse-Kino, verbrämt mit uramerikanischem Pop-Art-Kitsch. Die Kameraarbeit von Tak Fujimoto ist absolut fantastisch, die Ästhetik teils zum Niederknien geschmackvoll. Der Umgang mit Musik ist ungeheuer stilsicher und humorig, sie spielt fast eine weitere Hauptrolle. Man könnte sicherlich dem Film eine positive Message unterstellen; lebe Dein Leben, befrei Dich von Zwängen, genieße Deine Freiheit.
Aber von welchen Zwängen reden wir hier? Wir sehen den Kindern saturierter Eltern zu, Gewinnern im Zeitalter der Reagonomics; Teenager, die sich bereits vollkommen den NeoCon-Idealen einer reaktionären Regierung hingegeben haben. Angebliche Liebes- und Freundschaftsgeständnisse werden in Ferris' an den Zuschauer gerichteten Monologen wirtschaftlichen/karriereorientierten Überlegungen untergeordnet und damit im Grunde obsolet gemacht. Unangenehm auch Ferris' gönnerhaftes Auftreten gegenüber Dienstleistern wie dem Toilettenmann oder Mitmenschen mit Migrationshintergrund ("Do you speak English?"). Black lives matter übrigens für Hughes auch nur, wenn gesungen und getanzt wird. Mir geht's da gar nicht um eine "diversere" Besetzung der Hauptrollen, das wäre superunglaubwürdig, es ist nur bemerkenswert, wie und wann schwarze Amerikaner auftauchen.
Was den Film trotz zugegebenermaßen absolut vorhandener Meriten vielleicht so ungenießbar macht, ist die Tatsache, daß die Figur Ferris Bueller - ein arroganter, didaktischer Schnösel, so kalt und unempathisch wie ein Bündel Dollars - nie hinterfragt oder gebrochen wird. Als ich den Film mit 15 im Kino sah, hat mich das nicht gestört. Heute schon.
Aber von welchen Zwängen reden wir hier? Wir sehen den Kindern saturierter Eltern zu, Gewinnern im Zeitalter der Reagonomics; Teenager, die sich bereits vollkommen den NeoCon-Idealen einer reaktionären Regierung hingegeben haben. Angebliche Liebes- und Freundschaftsgeständnisse werden in Ferris' an den Zuschauer gerichteten Monologen wirtschaftlichen/karriereorientierten Überlegungen untergeordnet und damit im Grunde obsolet gemacht. Unangenehm auch Ferris' gönnerhaftes Auftreten gegenüber Dienstleistern wie dem Toilettenmann oder Mitmenschen mit Migrationshintergrund ("Do you speak English?"). Black lives matter übrigens für Hughes auch nur, wenn gesungen und getanzt wird. Mir geht's da gar nicht um eine "diversere" Besetzung der Hauptrollen, das wäre superunglaubwürdig, es ist nur bemerkenswert, wie und wann schwarze Amerikaner auftauchen.
Was den Film trotz zugegebenermaßen absolut vorhandener Meriten vielleicht so ungenießbar macht, ist die Tatsache, daß die Figur Ferris Bueller - ein arroganter, didaktischer Schnösel, so kalt und unempathisch wie ein Bündel Dollars - nie hinterfragt oder gebrochen wird. Als ich den Film mit 15 im Kino sah, hat mich das nicht gestört. Heute schon.
Re: John Hughes
Alles sehr auf den Punkt gebracht. Das mit den tanzenden Schwarzen zu Twist and Shout ist mir auch säuerlich aufgestossen.
Bei der Deutsch-Amerikanischen-Steubenparade dachte ich kurz, ein junger Richy Müller säße vorne als Statist mit Akkordeon auf dem Wagen, aber da lag ich wohl falsch.
Bei der Deutsch-Amerikanischen-Steubenparade dachte ich kurz, ein junger Richy Müller säße vorne als Statist mit Akkordeon auf dem Wagen, aber da lag ich wohl falsch.
"Krieg ist wie Kino. Vorne flimmerts, hinten sind die besten Plätze." - Arnim Dahl
- Nahaufnahme
- Posts: 171
- Joined: Fri Jul 19, 2024 1:57 am
- Location: Berlin
Re: John Hughes
So erging es mir mit RISKY BUSINESS und Tom Cruises Rolle auch, der ist eigentlich nicht anders als der Zuhälter (Joe Pantoliano) von Rebecca De Mornays Lana, die als Prostituierte für Cruises Part eine ähnliche Funktion wie der Porsche (seiner Eltern) hat: Besitz (in der Garage standen drei Autos) und Schuld (gegenüber Lana, den Eltern und Lehrern), letzteres doch nur um den Zuschauern zu signalisieren, das junge Yuppie-Arschloch hat auch ein Herz. Habe ich damals ein paar Wochen nach dem Start bekifft im Kino einer Fähre nach England gesehen, war also mit der Musik von Tangerine Dream in bester Stimmung. Heute finde ich vor allem die Szene (draußen vor der Villa) zwischen Cruise und dem Zuhälter befremdlich, Menschenhandel, da hilft dann auch der fast nackte Cruise in bester körperlicher Form (mit six-pack) nicht mehr über den Eindruck hinweg von hinterfotziger Reaganomics-PR, auf Kosten finanziell Schwacher (der Frau) verarscht worden zu sein.Kolle wrote: ↑Mon Jul 22, 2024 2:24 pm Als Teenies im Kino abgefeiert, der Film traf damals den Nerv der Zeit, auch etwas später auf VHS. Nach Jahrzehnten nun nochmal geschaut und die narzistische, egomane Darstellung des Ferris wirkt doch eher befremdlich. Ein unsymphatischer, selbstverliebter Hallodri. Was damals als unbekümmert, widdewiddewit und wider der Angst von Ferris' bestem Freund Cameron verkauft wurde, erscheint heute eher wie der Blick zurück in die Reagan-Ära, als die USA begannen ihren Hochmut offen zur Schau und in die weite Welt hinaus zu tragen.
Nach dem Kinostart wurde der Film mit THE GRADUATE verglichen (von Roger Ebert), aber zwischen dem, was Anne Bancroft spielte und De Mornay spielen musste, liegen Welten, als ob RISKY BUSINESS 1 1/2 Jahrzehnte vor THE GRADUATE entstand und nicht danach). Was wurde aus Cruises Rolle nach RISKY BUSINESS? Ich bin sicher, der hat irgendwo mit Brett Kavanaugh studiert, würg. Manche Foristen könnten denken, vielleicht war es genau die Absicht des Regisseurs Brinkmans die Reaktion zu erzeugen, die ich jetzt habe, aber darauf deutet wirklich nichts hin und vor allem hätte ich Lana zum Abschied in die Selbständigkeit ohne Mann an der Seite geschickt, stattdessen wird die Playboy-Fantasie zu Ende gedreht, also so schlimm wie PRETTY WOMAN, nur bin ich wegen Richard Gere verzeihender.
Re: John Hughes
Viele Stöcke im Arsch unterwegs hier aktuell.