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Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Mon Jul 15, 2024 7:10 am
by JimmyPage
Hast du die alle auf Scheibe?
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Mon Jul 15, 2024 7:13 am
by Munin
Ja, der Großteil kommt aus den Columbia-Boxen von Indicator, die "wichtigen" Filme gibt es dann meist als Einzel-VÖs.
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Mon Jul 15, 2024 7:16 am
by JimmyPage
Das ist ja mal ein tolles Paket
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Mon Jul 15, 2024 8:17 am
by Munin
Die Boxen sind rein verarbeitungs- und extratechnisch einige der besten Veröffentlichungen überhaupt, die im Grunde alle anderen Labels im Staub zurücklassen. Inhaltlich natürlich eher Deep Cuts für Freaks wie mich, einen zweiten DOUBLE INDEMNITY wird man da nicht vergraben finden. Wo wir gerade bei Deep Cuts sind:
MURDER BY CONTRACT
(1958, Irving Lerner)
When a hit man fails to carry through with the execution of a star witness, he finds himself marked for murder.
Eigenwilliges Werk des frühen Independent-Regisseurs Irving Lerner, das u. a. von Martin Scorsese zu seinen
größten Einflüssen gezählt wird. Einerseits unfassbar rumpelig - die Rückprojektionen, oh Gott - andererseits unfassbar modern, dank Handheld-Kamera, Jazzgitarren-Score und schwarzhumoriger Figurenfärbung: In Vince Edwards' soziopathischem Auftragskiller stecken insbesondere Travis Bickle und Jef Costello, aber auch zahllose andere Einzelgänger des späteren Genrekinos, und Regisseure wie Suzuki und Jarmusch könnten sich das Teil ebenfalls genauer angesehen haben.
Weil Lerners Geld nicht mehr hergab, werden Mordszenen elliptisch übergangen, stattdessen beobachtet er minutiös den Tagesablauf und die Vorbereitung seines Protagonisten. An dieser Prioritätenordnung verzweifeln auch dessen Mafia-Handler Phillip Pine und Herschel Bernardi, die ihn endlich zur Tat schreiten sehen wollen. Das dauerzankende Duo ist von Edwards genau so irritiert wie der Zuschauer und bildet eine Art traditionellen erzählerischen Gegenpol, der den formalen Minimalismus mit schnippischen Sprüchen auflockert, welche höchstwahrscheinlich aus der Feder des unerwähnten Studioveteranen Ben Maddow (THE ASPHALT JUNGLE) stammen.
Trotz seiner historischen Bedeutung fällt es aber schwer, den in sieben Tagen runtergedrehten Film als mehr wahrzunehmen als eine wegweisende Fingerübung. Lerner stolpert zum Schluss über den dürftigen Plot und seine begrenzten Mittel machen sich an sämtlichen Ecken und Enden bemerkbar. Insofern also nur ein Kuriosum für besonders Neugierige.
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Sat Jul 20, 2024 8:32 am
by Munin
711 OCEAN DRIVE
(1950, Joseph M. Newman)
A street-smart telephone repairman illicitly creates a huge bookie broadcast system for his crime boss and takes over when his boss is dead. But his greed eventually leads him on a destructive path.
Recht konventionelle Aufstieg-und-Fall-Story, vorneherum umrahmt von der fragwürdigen Behauptung, die Produktion wäre von Kriminellen bedroht worden, hintenrum von einer der Code-Ära entsprechenden Glücksspiel-Warnpredigt. Durch die Telefontechnik-Angle erhält der Streifen zunächst etwas Farbe und wirkt kurz fast ein bisschen wie eine Art Proto-Hackerfilm. Zur Sicherung der 100-Minuten-Laufzeit düst Regisseur Newman jedoch mit durchgedrücktem Gaspedal durch den Plot, und so verwandelt sich der gut aufgelegte Edmond O'Brien etwas zu schnell vom bescheidenen, aber charmanten Handwerker in den arrogant-kaltherzigen Syndikat-Bigshot im teuren Anzug, der sich nur noch ums Geschäftliche kümmert und die verheiratete Joanne Dru bezirzt. Als sich für ihn langsam der Abgrund auftut, nimmt sich Newman wieder ein bisschen mehr Zeit und beendet die kompetent inszenierte, wenn auch an Höhepunkten arme Geschichte mit einem ganz schicken Showdown im Hoover Dam. Ordentlich.
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Sat Oct 26, 2024 8:16 am
by Julio Sacchi
- RogueCopPoster.jpg (31.83 KiB) Viewed 713 times
HEISSES PFLASTER (1954)
Regisseur Roy Rowland (The Girl Hunters) schickt den edlen Robert Taylor als korrupten Bullen ins Rennen und lässt den Fuß dabei nie vom Gaspedal. Taylors jüngerer Bruder (Steve Forrest) ist Streifenpolizist und hat keinen Bock auf die Machenschaften seiner Blutsverwandtschaft, was wiederum Taylors Mob-Freunden missfällt. Als es Taylor nicht gelingt, seinen Bruder an einer entscheidenden Aussage zu hindern, ist die Kacke richtig am Dampfen.
Rowlands Film ist unsentimental und hart und kommt komplett ohne (Film-)Musik aus. Robert Taylor ist als gelackter Dirty Cop eine absolute Schau und Gangsterboss George Raft spielte sich hiermit zurück in die A-Liga. In einer nur auf dem Plakat aufgeblasenen Nebenrolle ist Janet Leigh in ihrer letzten MGM-Verpflichtung zu sehen, wird aber überschattet von Anne Francis' großartiger Darstellung der gebeutelten Gangsterbraut. Ein Krimi, in dem eine klassische Schuld-und-Erlösung-Story steckt - nicht nur der oscarnominierten Schwarzweißfotografie von John Seitz wegen sehenswert.
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Sun Oct 27, 2024 8:06 am
by Munin
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Mon Dec 23, 2024 9:17 am
by Munin
KISS THE BLOOD OFF MY HANDS
(1948, Norman Foster)
A blackmailer (Robert Newton) hounds a World War II veteran (Burt Lancaster) hiding from the police with a nurse (Joan Fontaine) in London.
Der grandiose Titel ist leider fast auch schon das Beste an KISS THE BLOOD OFF MY HANDS, einem der ersten Filme, die unter dem Banner von Burt Lancasters eigener Produktionsfirma Norma Productions produziert wurden und der ursprünglich von Robert Siodmak unter Dach und Fach gebracht werden sollte, dem Lancaster seinen großen Durchbruch mit THE KILLERS zu verdanken hatte. Der wollte oder konnte dann offenbar aus unbekannten Gründen nicht, und so sprang der stilistisch weniger auffällige Routinier Norman Foster ein, um Lancaster durch ein aufwändig gebasteltes Studio-London stolpern zu lassen, das vom späteren Welles- und Kubrick-Weggefährten Russell Metty immerhin düster-kontrastreich auf Zelluloid gebannt wird.
So richtig will der Funke bei der aus der Zufallsbegegnung zwischen Lancaster (hier wohl auf der Spitze seiner Attraktivität) und Joan Fontaine entstehenden Romanze nämlich nicht überspringen. Gerade letztere bleibt zu blass und adrett, um zu einer glaubhaften Zuflucht für Lancasters traumatisierten Kriegsveteran zu werden, welcher sie mit seinen Gewaltausbrüchen auch noch regelmäßig vergrault. Und auch wenn britische Charakterdarsteller wie Robert Newton ihm immer wieder das über ihm schwebende Damoklesschwert vor Augen führen, entwickelt der Plot nie die treibende Spirale der Verzweiflung, mit der Nicholas Ray im gleichen Jahr ein weiteres vom Schicksal gebeuteltes Liebespaar durch die Nacht jagt, nämlich im haushoch überlegenen THEY LIVE BY NIGHT.
Zum Schluss schlägt dann auch noch Onkel Hays auf besonders hanebüchene Weise zu, was jemand wie Siodmak sicherlich eleganter gelöst hätte. So bleibt es bei keinem schlechten, aber einem ziemlich verzichtbaren Streifen.
Re: US Noir & Crime-Allerlei
Posted: Wed Dec 25, 2024 7:13 am
by Munin
CALCUTTA
(1946, John Farrow)
Neale and Pedro fly cargo between Chungking and Calcutta. After their buddy Bill is murdered, they investigate. Neale meets Bill's fiancée Virginia and becomes suspicious of a deeper plot while also falling for her charms.
Altmodischer Abenteuer-Pulpkrimi vor exotischer Kulisse, mit einer Prise Hammett in den Zeilen, die der unterkühlte Obermacho Alan Ladd zum Besten geben darf, der als Frachtpilot wie ein Pascha am titelgebenden Ort lebt, sich auch mal spontan frei nimmt, um einen Mordfall zu lösen, und jeder Dame die Augen verdreht (je nachdem entweder mit Charme oder mit Dresche). Allein der mysteriösen Gail Russell gelingt es, ein Stückchen Verletzlichkeit an dieser makellosen Rüstung offenzulegen.
John Farrow inszeniert das ohne Mätzchen oder sonderlich künstlerische Note und Ladds penetrant stoisch-abgeklärtes Spiel saugt ein bisschen das Leben aus einem Film, der angesichts seines Settings und Aufgebots schillernder Nebenfiguren etwas wilder hätte ausfallen müssen. Lässt sich trotzdem recht annehmbar weggucken, da die simple Whodunit-Story einigermaßen temporeich ist und es immer irgendwas zu begutachten gibt - und sei es nur Ladd selbst, den Kameraveteran John F. Seitz teilweise so einfängt und ausleuchtet, wie andere es nur mit ihren weiblichen Diven tun würden.